Vorgestellt: Klaus Major" Heuser
Vorgestellt
Solo
Klaus Major" Heuser
Von Andreas Schulz (Text & Fotos)
Wenn du alles erreicht hast, findest du zu dir selbst und machst die Sachen, die dir am besten gefallen.
Der Zeitpunkt für meinen Ausstieg hätte günstiger nicht sein können", sagt Klaus Major" Heuser, Gitarrist und Songschreiber der Kölner Rockinstitution BAP. Ich verlasse nicht das sinkende Schiff, sondern BAP steht so gut da wie eh und je. Die Tour zu Comics & Pin Ups läuft prächtig, und ich kann mich hinterher endlich anderen Projekten zuwenden."
Anfang März platzte die Bombe: Heuser wird nach der Tour die Band verlassen, deren Geschicke er seit 1980 entscheidend mitgeprägt hat. Und das ausgerechnet im Jubiläumsjahr, in dem zwanzig Jahre BAP gefeiert
werden! Wolfgang Niedecken, Sänger, Texter und Gründer von BAP, über Heuser: Keine Frage, er hat BAP zu der Rockband gemacht, die sie heute ist." Heuser über seine Entscheidung: Es sollte jedem klar sein, dass mir die Entscheidung, BAP zu verlassen, wirklich sehr schwer gefallen ist, denn was Wolfgang auf der Textseite vollbracht hat, habe ich musikalisch umgesetzt. Aber wenn man sich verändern will, muss man irgendwann eine Entscheidung fällen. Genau das habe ich jetzt getan." Die letzte gemeinsame Tournee von Klaus Heuser mit seinen langjährigen Weggefährten von BAP ging von April bis Anfang Juli über die Bühne, und wir nutzten diese Gelegenheit zu einem ausführlichen und offenen Gespräch mit dem Gitarristen, der auch gerade für sein stimmungsvolles akustisches Spiel bekannt ist.
Der Gitarrist
Wie hat sich der Gitarrist Heuser über die Jahre entwickelt?
Klaus Heuser: Es ist ja immer schwer, bei sich selbst überhaupt eine Entwicklung festzustellen. Mein Art zu spielen hat sich allerdings schon völlig verändert. Früher war ich mehr ein Haudrauf-Gitarrist", dann kam die Phase, wo man Gitarre spielen als Sport ansah (Wer ist der Schnellste?"), und heute spiele ich so, wie ich wirklich spielen will. Ohne jemanden nachzuahmen oder mir selbst etwas zu beweisen. Das hat viel mit Selbstvertrauen zu tun, und natürlich auch mit Erfolg. Wenn du alles erreicht hast, findest du zu dir selbst und machst die Sachen, die dir am besten gefallen. Ich bin da angekommen, wo ich zumindest weiß, was ich spielen möchte. Ob das immer gelingt, ist eine andere Sache.
Welche Rolle spielt dabei speziell die akustische Gitarre?
Klaus Heuser: Ich habe nie in meinem Leben E-Gitarre geübt. Ich stamme aus einem gutbürgerlichen Elternhaus und musste erst Flöte lernen, bevor ich an der Musikschule Gitarrenunterricht bekam. Damals lernte man da noch keine Liedbegleitung, ganz zu schweigen von Pop oder Jazz. Ich musste mit Klassik anfangen, was aber auch nicht schlimm war, ich habe sogar meine Liebe dazu entdeckt. Ich spiele bis heute mit Fingernägeln. Einmal habe ich sie probehalber abgeschnitten, doch da kam ich mir vor, als hätte ich noch nie eine Gitarre in der Hand gehabt. Das waren meine Anfänge, ich spielte in Bands, habe aber immer nur klassische Gitarre geübt. Wenn du zwei Stunden Tonleitern auf der Akustischen gespielt hast und nimmst dann die Elektrische ... Da geht sowieso alles von allein.
Du hast ja schon einen eigenen Stil entwickelt, gerade auf der Akustischen, mit vielen Klangfarben und vor allem mit deinem Slide-Spiel.
Klaus Heuser: Wenn, dann liegt das an meiner Geschichte, an der Klassik. Ich kenne keinen Kollegen, der in klassischer Haltung spielt. Wenn ich im Studio Akustikgitarren aufnehme, mache ich das richtig mit Fußbänkchen.
Wie hast du die Bottleneck-Spielweise für dich entdeckt?
Klaus Heuser: Ich habs irgendwann gesehen, fand es klasse und fing selbst damit an. Ich spiele Slide immer in der Standardstimmung, da ich lange der einzige Gitarrist in der Band war und auch vieles spielen musste, was in offener Stimmung nicht funktioniert.
Hattest du richtige Vorbilder, an denen du dich orientiert hast?
Klaus Heuser: Früher fand ich Rory Gallagher ganz toll, dann fing ziemlich schnell die Liebe zu Eric Clapton an. Und Jan Akkermann, der spielte nämlich auch Klassikgitarre und Laute. Akustisch hörte ich viel John Williams und Julian Bream. Williams hat ja ein offenes Ohr für moderne Musik und hat schöne Platten mit Sky" gemacht. Ich mag auch die Sarabande" von Jon Lord. Der ist als Rock-Keyboarder bekannt und kommt plötzlich mit fast klassischer Musik - das hat mich sehr beeindruckt. Das sind für mich Musiker, die lieben Musik als solche und verkörpern nicht nur eine Stilistik. Ich sehe Musik als ein riesengroßes Betätigungsfeld. Es gibt so viele ganz verschiedene Sachen, die mir alle Spaß machen. Heute stehe ich hier in der Festhalle auf der Bühne, morgen sitze ich vielleicht zu Hause und spiele klassische Gitarre. Das ist kaum zu vergleichen, aber mir macht beides Spaß.
Welche Rolle spielt der Blues in deiner Musik?
Klaus Heuser: Eine ziemlich große, denke ich. Die Entwicklung der Gitarre wäre ohne den Blues gar nicht vorstellbar. Der Blues war zuerst da, und alles Weitere hat sich daraus entwickelt.
Was hörst du denn gern an akustischer Gitarrenmusik?
Klaus Heuser: Ich höre selten Musik, die ausschließlich mit Akustikgitarren eingespielt wurde. Reines Fingerpicking mag ich nicht besonders. Ich höre gern Country-Musik, weil da oft sehr schöne akustische Arbeit drauf ist. Da wird auf den Klang und auf den Ton geachtet. Ich meine jetzt die anspruchsvolleren Sachen dieses Genres, die man vor allem in Amerika findet. Das ist eigentlich richtige Akustikgitarren-Musik.
Verrate doch ein paar spieltechnische Einzelheiten zum Klaus-Heuser-Stil auf der Akustikgitarre ...
Klaus Heuser: Mit dem Plektrum spiele ich selten, nur die Sachen, die mit den Fingern nicht spielbar sind. Strumming oder Akkordbegleitung beispielsweise. Sobald ich anfange zu zupfen, benutze ich immer die Finger. Mein Bottleneck ist übrigens aus Glas.
Wie nimmst du die akustischen Instrumente im Studio auf?
Klaus Heuser: Ich probiere sehr viel aus. In der Regel nehme ich zwei kleine Kondensatormikrofone. Was die Platzierung angeht ... das ist eine Sache des Ausprobierens. Jede Gitarre und jede Position klingt etwas unterschiedlich. Wir nehmen, wenn möglich, immer stereo auf, mit einem Mikrofon am Korpus und einem am Halsansatz. Das Signal der eingebauten Tonabnehmer kommt nicht aufs Band. Wenn schon Akustikgitarre, dann auch akustisch aufgenommen, es sei denn, man will genau diesen Tonabnehmerklang haben. Der klingt fast wie ein eigenes Instrument, irgendwo zwischen E- und Akustikgitarre. Mir persönlich ist das zu clean und steril. Aber ich würde nicht sagen, dass ich das nie machen würde. Es gibt ein Instrumentalstück von Dave Stewart mit genau diesem Sound, und das ist schon klasse, das würde man rein akustisch nicht hinbekommen.
Und live?
Klaus Heuser: Live mit Mikrofonen zu arbeiten, ist unmöglich. Du hättest alle möglichen Signale der anderen Instrumente mit drauf. Also nehme ich wie die meisten anderen auch einen Piezo-Pickup.
Hast du mal magnetische Tonabnehmer oder ein Mikrofon im Schallloch ausprobiert?
Klaus Heuser: Das ist mir alles zu kompliziert. Auf der Bühne muss alles funktionieren. Wir haben viele Leute und ein großes Theater auf der Bühne. Du hast so leicht eine Rückkopplung bei all den Mikrofonen, die da herumstehen. Unser Mixer ist froh, wenn er ein möglichst unkompliziertes Signal bekommt. Und es funktioniert, ich finde den Sound sehr gut.
Welche akustischen Gitarren spielst du?
Klaus Heuser: Im Moment spiele ich live nur noch meine kleine Martin, das Eric-Clapton-Modell. Im Studio benutze ich natürlich viele verschiedene Modelle. Das hängt je nach Stück davon ab, wie sich die Instrumente ergänzen. Manchmal brauche ich etwas Mittiges, manchmal etwas Brillantes. Bei Balladen ist es schön, wenn eine Dickbäuchige zu hören ist. Zu Hause habe ich einige Taylor, Martin, Guild. Eine Zeit lang habe ich richtiggehend gesammelt. Irgendwann merkte ich, dass in der Wohnung Gitarren standen, die ich ein Jahr nicht angefasst hatte. Also verkaufte ich einen Teil. Jetzt besitze ich nur noch Arbeitsgeräte, Gitarren, die ich wirklich brauche und gern spiele. Gitarren nur zu besitzen, das wollte ich nicht mehr.
Und deine Slide-Gitarre?
Klaus Heuser: ... ist eine Dobro. Und ich suche seit langem nach einer weiteren, die halbwegs so gut klingt wie meine, habe aber noch keine gefunden. Sie hat einen sehr speziellen und warmen Sound. Ich komme ja auf der ganzen Welt herum, und überall teste ich Dobros an. Ich höre schon nach zwei Tönen, ob sie meiner Vorstellung entspricht. Meine singt richtig. Der Ton steht einfach. Bei Dobros ist es ja so, dass es fast immer einige Töne auf dem Griffbrett gibt, die einfach nicht kommen, die sofort tot sind und die du deshalb kaum benutzen kannst. Ich habe noch keine gefunden, die auch nur annähernd an meine rankommt, bin aber immer noch auf der Suche. Ich habe auch einige Modelle von Continental ausprobiert, war aber nicht so begeistert.
Wie waren denn die Arbeitsabläufe bei der neuen CD Comics & Pin-Ups"?
Klaus Heuser: Bei dieser Platte war ich etwa an der Hälfte der Stücke beteiligt. Wir schicken in der Regel Kassetten mit mehr oder weniger fertigen Songs an Wolfgang, der dann die Texte verfasst. Meine Stücke sind meistens schon fertig vorproduziert. Einiges ist auch direkt bei den Proben entstanden. Diesmal war es ein relativ langer Prozess, wir begannen mit Proben in der Eifel und arbeiteten dann noch zwei Wochen auf Elba. Wolfgang mag Luftveränderungen.
Wusstest du damals schon, dass du aufhören wirst?
Klaus Heuser: Mir war das schon klar, aber ich hatte es noch niemandem gesagt. Ich wollte erst mal die Platte fertig machen. Für eine Band ist es nicht einfach, damit umzugehen. Wer weiß, ob die Platte so überhaupt noch entstanden wäre. Ich wollte einen guten Abgang haben und habe deshalb so gut wie möglich gearbeitet. Ich möchte, dass alle sagen: Schade, dass der geht!" Und deshalb war es selbstverständlich, vorher volle Leistung zu bringen.
Diesmal ist kein rein akustischer Gitarrentitel dabei.
Klaus Heuser: Wir haben einen fertig produziert, mit Akustikgitarre, Akkordeon und Sopransaxofon, der auf der CD nicht mit drauf ist. Es war einfach zu viel Material da; das war auch die Meinung der Plattenfirma. Vielleicht wird er auf der nächsten landen.
Das vollständige Interview finden Sie in AKUSTIK GITARRE 5/99